Anfragen an die Strafverteidigerin

Anfragen an eine Hamburger Strafverteidigerin, Teil 278:

 

“Liebe Frau Rechtsanwältin Braun,

ich suche dringend eine gute Strafverteidigerin. Man ermittelt wegen mich wegen Betruges. Ich gehe davon aus, dass bald Anklage vor dem Amtsgericht Hamburg erhoben wird. Unter anderem hat mich mein früherer Anwalt angezeigt. Gerne würde ich zeitnah bei Ihnen vorbeikommen. Aufgrund meiner finanziellen Lage ist mir eine Zahlung nur in Raten von ca. 50,00 Euro/Monat möglich. Ich hoffe, Sie sind einverstanden.

Mit freundlichen Grüßen

XY”

 

AbgelehntHm. Strafanzeige vom vorherigen Rechtsanwalt? Warum wohl? Ich nehme nicht an, dass der Anfragende dem Kollegen die goldenen Espresso-Löffel geklaut hat. Eher wird es so gewesen sein, dass das Honorar des Awaltes nicht gezahlt wurde. Vielleicht ein junger Kollege, der noch nicht verbittert ist.  Ein deutlicher Warnhinweis in der E-Mail, für den ich mich bedanke.

 

Übrigens: Die Mandanten mit wirklich wenig Geld waren bisher diejenigen, die Raten wirklich brav und ohne jede Erinnerung oder Mahnung gezahlt haben. Rechnung bekommen, Dauerauftrag eingerichtet und alles war gut. Lesenswert zum Thema Vorschuss auch der geschätzte Kollege Hoenig.

Es ist bald Weihnachten. Geschenke müssen her. Der Hund hat Hunger, die Eltern wollen Präsente haben.

11 Gedanken zu „Anfragen an die Strafverteidigerin

  1. Die Erfahrung, dass besonders arme Mandanten ihre Ratenzahlungen am besten einhalten, kann ich bestätigen, allerdings nur teilweise. Es gibt halt solche und solche.
    Wirklich geärgert habe ich mich über die fehlenden Zahlungen und das notwendige Gerichtsverfahren bei zwei Mandanten mit viel Geld: 1. Ein Vertriebsleiter mit über 600.000 EUR Jahreseinkommen, 2. der Erbe eines Firmenimperiums.
    Bei den Beiden habe ich überlegt, ob ich Strafanzeige wegen Eingehungsbetrugs erstatte, weil die wohl nie vorhatten, wirklich zu bezahlen, oder wenigstens vorher mitzuteilen, dass es bei der Liquidität gerade etwas klemmt.

    1. Aber sehen Sie? Sie haben es offensichtlich nicht getan.
      Solche kommen eben viel zu oft “durch”. Auch weil Sie und Ihresgleichen ihre gesellschaftliche Aufgabe nicht wahrnehmen (ein Anwalt muss nicht x.000 EUR/Jahr spenden, um ein guter Mensch zu sein. Er kann viel mehr bewirken, wenn er aussterbenden gesellschaftlichen Normen noch einen Hauch Restlebenszeit verleiht.).

  2. Der kluge Betrüger zahlt ja auch mindestens eine Rate und meldet sich dann nicht mehr. Dann wirds nicht so einfach mit einer erfolgreichen Anzeige.

    Insofern kann man beim Strafrecht nur auf die alte Weisheit “Ohne Schuss kein Jus” verweisen. Gerade bei einem Betrugsvorwurf. Das Vorschussrecht hat besonders im Strafrecht seine Bedeutung, denn in kaum einem anderen Rechtsgebiet entfällt spätestens ab der Verhandlung der Zahlungsdruck, vergleichbar dem durch Schmerzen vermittelten Therapiedruck beim Arzt. Alleine, um sich Diskussionen zu ersparen, ob für das Geld nicht ein besseres Urteil zu erwarten gewesen wäre, wovon die Einstellungsauflage gezahlt werden solle bei einer solchen Rechnung, usw.

  3. Ich weiß nicht. Setze ich mich bei Strafanzeigen gegen den eigenen Mandanten nicht der die Gefahr eines Geheimnisverrates aus? Nach § 2 Abs. 3 HS 3 BORA ist der Rechtsanwalt von der Verschwiegenheitspflicht nur dann entbunden, wenn die Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen aus dem Mandatsverhältnis oder die Verteidigung des Rechtsanwalts in eigener Sache die Offenbarung erfordern. Eine Zahlungsklage vor dem Zivilgericht darf ich damit ganz klar erheben und im Prozess auch die Inhalte aus dem Mandatsverhältnis vortragen, die zur Begründung meines Honoraranspruchs erforderlich sind. Denn das ist zur (gerichtlich) Durchsetzung meiner Ansprüche erforderlich.

    Aber eine Strafanzeige? Dient ein Strafverfahren der Durchsetzung meiner Honoraransprüche? Ich meine eher, dass ein Strafverfahren den öffentlichen Strafanspruch bedient. Die Offenbarung des Mandantsverhältnisses im Rahmen einer Strafanzeige dürfte deshalb nicht nach § 2 Abs. 3 HS 3 BORA gerechtfertigt sein.

    Oder ist das die Mindermeinung?

    1. Mit Verlaub, nein. Diese Gefahr besteht stets und ständig. Instruktiv dafür u.a. einer der jüngeren Blogbeiträge hier über ein “fishing for information” seitens der Ermittlungsbehörde. Bei einer Anzeige wegen Eingehungsbetruges lege ich offen, einen Auftrag erhalten und angenommen zu haben, auch bedarf es einer Darstellung meiner Bemühungen, die angefallene Gebühr (gesetzliche Vergütung) bzw. das vereinbarte Honorar vergeblich gefordert zu haben. Offenbare ich darüber hinaus persönliche Verhältnisse des Mandanten, wird’s kritisch. Doch das braucht’s nicht zwingend – meine Schweigepflicht geht vor.

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