Notfallnummer – dafür ist sie da

Endlich mal ein Mandant, der die Notfallnummer dafür nutzt, wofür sie da ist.

Der abendliche Anrufer wurde wegen des Verdachts auf Trunkenheit im Verkehr angehalten und gefragt, ob er denn freiwillig pusten wollen, Angaben zum Alkoholkonsum machen wolle etc.

Der kluge Mandant hat mich angerufen und ich habe ihm davon abgeraten, irgendwelche Dinge freiwillig zu tun. Auch bei Verkehrskontrolle gilt der Grundsatz “Schweigen ist Gold!” Sie sind nicht verpflichtet, sich selbst zu belasten. Tun Sie das also auch nicht. Sagen Sie auch nicht, dass Sie nur zwei Bier getrunken haben. Dieses Gelaber kommt mir schon zu den Ohren raus, den Polizisten auch. Warum eigentlich immer “zwei Bier”? Weil eins so unglaubhaft klingt? Das tun zwei Bier auch.

Generell sollte man in einer solchen Situation so wenig als möglich reden. Schon die beliebte Einstiegsfrage:”Wie wissen, warum wir Sie anhalten?” sollte man tunlichst nicht  mit: “Weil ich besoffen bin??” beantworten. Besser die Klappe halten.

CrimeWenn Sie einer Blutprobenentnahme freiwillig zustimmen, wird Ihr Strafverteidiger begeistert sein.

Lassen Sie es bleiben. Grundsätzlich muss eine Blutprobenentnahme durch den Richter angeordnet werden.

 

Durch eine Zustimmung laufen Sie Gefahr, etwaige Verteidigungsansätze zu zerstören. Sich hinterher auf den Standpunkt stellen, dass man wegen des Suffs nicht habe wirksam einwilligen können, klappt übrigens meistens nicht.

Wir werden sehen, wie es mit der vermeintlichen Trunkenheitsfahrt des Mandanten weitergeht. Jedenfalls hat er meine Notfallnummer völlig zu Recht gewählt, anders als eine Knalltüte, der gegen Mitternacht anrief und fragte, ob er nach fünf Bier noch fahren dürfe.

Update: Den Mandanten hat man gehen lassen. Er hat eine freiwillige Blutprobenentnahme abgelehnt, sein Telefonat mit mir geschildert und durfte gehen. Krass.

 

4 Gedanken zu „Notfallnummer – dafür ist sie da

  1. Einerseits haben Sie ja völlig Recht mit dem Hinweis auf nemo tenetur, aber ob das gerade bei Blutproben viel bringt, weiß ich nicht. Sie dürfen dreimal raten, wie häufig der durchschnittliche Richter im Eildienst bei Anruf der StA/Polizei mit dem Inhalt “gerade jemanden angehalten; er/sie ist Schlangenlinien gefahren/riecht nach Alkohol/schwankt und verweigert Entnahme der Blutprobe ebenso wie Atemalkoholprobe” die Blutprobe nicht anordnet… das, was am längsten dauert, ist dann das Aufschreiben der Personalien für den Eildienstvermerk.

    1. Völlig richtig! Aber – kein Scheiß – den Mandanten hat man gehen lassen. Zeugen hatten gesagt, er sei Schlangenlinien gefahren.
      Mehr hatte man nicht, kein Alkohol in der Atemluft, nix. Die Polizei hat sich sogar bei ihm entschuldigt.

    2. Interessant sind auch weniger die Fälle, in denen die Polizei brav den Bereitschaftsstaatsanwalt anruft, der dann telefonisch den Beschluss des Bereitschaftsrichters beantragt (dieser ist in der Tat in aller Regel ein Selbstläufer), sondern einerseits die Fälle, in denen die Polizei zu faul oder zu unfähig ist, um dies zu tun und zu Unrecht Gefahr im Verzug annimmt (dann eventuell Beweisverwertungsverbot!), andererseits die Fälle, in denen es sich eigentlich nur um eine Routinekontrolle handelt und die Polizei tatsächlich zu wenig Anhaltspunkte hat bzw. den Aufwand mit der Blutprobe auf der Wache nicht durchziehen will und einen Rückzieher macht, wenn man Ihnen nicht brav durch den freiwilligen Atemalkoholtest oder übergroße Redseligkeit erstmal den dringenden Tatverdacht einer Trunkenheitsfahrt selbst liefert.

  2. Im Gegensatz zu Atemalkoholtests kostet die Blutprobe deutlich mehr Zeit und Geld. Nachdem man schon vielfach gehört hat, dass Beamte verschiedene Quoten erfüllen müssen, wäre ich nicht überrascht, wenn da auch unnötige Blutproben mit erfasst werden.

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