Warum ich gerne Schuldige verteidige

Schuldige Mandanten besser als unschuldige Mandanten

(Achtung, dieser Beitrag kann Ironie und Sarkasmus enthalten)

Ab und an bewirbt sich ein – meist – junges Mädchen hier als Praktikantin. Die Frage, was sie denn am Strafrecht interessiere, beantwortet sie dann mit weit aufgerissenen Rehaugen:”Ich will Unschuldige verteidigen!!”

Ach ja. Ich verteidige lieber Schuldige. Bei den unschuldigen Mandanten fängt das Problem oft schon mit der Bezahlung an. Sie haben nichts gemacht und sollen nun aber dem Strafverteidiger richtig viel Geld bezahlen. Vorher!! Das ist irgendwie ungerecht. Wenn der Vorschuss dann kommt, dann will der Unschuldige oft viel reden. Über die böse Welt, die ihm nun eine Straftat vorwirft. Wo er doch nun wirklich kein Verbrecher sei, sondern, naja, eben unschuldig. Ob es denn sein könne, dass DIE (Polizei, Zeugen, Staatsanwaltschaft etc.) einfach so behaupten, dass er ein Straftäter sei. Der Unschuldige möchte das lang und breit besprechen und sich des Mitgefühls seines Rechtsanwaltes versichern. Gerne in Telefonaten, die so ca. 90 Minuten dauern und sich im Abstand von zwei Tagen wiederholen. Der kluge Anwalt schließt mit einem echt Unschuldigen eine Honorarvereinbarung auf Stundenbasis.

Sollte das Verfahren mit einer Einstellung wegen fehlenden hinreichenden Tatverdachts enden, ist der Unschuldige immer noch nicht glücklich. Niemand hat sich bei ihm entschuldigt! Weder der Polizist, der gesagt hat:”Sie waren es ganz sicher und ich kriege Sie!” und schon gar nicht der Generalstaatsanwalt.

So ein richtig ordentlich Schuldiger, der gerade beim 15. Bruch geschnappt wurde, ist mir viel lieber. Er weiß, wie es läuft. Klappe halten, auf Akte warten, das Beste hoffen. Mal lässt sich ein Vorwurf nicht beweisen und es gibt einen Freispruch, mal ist das Urteil zu hart, mal zu milde. Passt irgendwie und der Strafverteidiger wird schon gute Arbeit leisten und das Beste rausholen.

Nicht schuldigEin so richtig schön Schuldiger fragt bei der Vereinbarung eines Besprechungstermins gleich, wie viel Geld er mitbringen soll. Herrlich.

Bei einem guten Ergebnis bedankt sich der Schuldige nett und schickt eine Woche später seinen ebenfalls ziemlich schuldigen Freund Kevin, Dimitri, Ali oder Hans-Dieter vorbei. Und ein paar Monate später braucht der Schuldige einen Zeugenbeistand in anderer Sache. Ein Traum!

Bleibt mir weg mit Unschuldigen!

41 Gedanken zu „Warum ich gerne Schuldige verteidige

  1. Vor einigen Jahren habe ich einen in anderer Sache langjährig in Strafhaft (nicht U) sitzenden Mandanten in der JVA besucht. Er sagte mir, er werde erstmal EUR 1.000,- als Vorschuss zahlen, ob das ok sei. Klar war das ok. Ich habe ich ihn gesagt, dass ich ihm eine Vorschussrechnung schicke und wie er das mit der Bezahlung ablaufen solle. Er sagte, es käme entweder ein Herr Meier oder ein Herr Schulze vorbei. Ich habe mit ihm dann noch handschriftlich im Besuchsraum vereinbart, dass ich das Geld nur nehme, wenn der Bote sich gültig ausweisen könne. Eine Woche später kam auch Herr Meier und sagte: “ich soll hier Geld abgeben für Herrn xy.” OK, Wort gehalten. Dann habe dann noch mir den Ausweis verlangt, um es richtig quittierten zu können.
    Und was kam als Ausweispapier? Ein tagesgültiger Urlaubsschein aus der JVA. Hmmmm.
    Kurz überlegt.
    Dann genommen und quittiert.
    Wer hätte es genauso bzw.anders gemacht?

  2. scheint wie so manches von einem schriftsteller anstatt von einem juristen geschrieben wurden zu sein. und genau darin besteht das kernproblem. nicht nur beim schreiben. wie in dem artikel können kleine fehler in der schilderung, hier dann noch mit satiere und ironie – geht gar nicht, übernommen werden und führen den leser zum schluss zu der frage: was war jetzt ironie, satiere und dem ergebnis das wenn jemand sagt ich war es nicht im schlichtweg nicht geglaubt wird. da hilft nur ebenfalls strafantrag wegen vortäusvhen einer straftat und uneidliche falschaussage bei der staatsanwaltschaft zu stellen. das einzige mittel um, natürlich gut nachweisbar, seine unschuld endgültig feststellen zu lassen. guter artikel. weiter so… ;). stellen wir uns doch mal folgenden sachverhalt vor: sie bekommen keine rechnungen mehr, keine post zu weihnachten. natürlich möchten sie der sache auf den grund gehen da die längst überfällige post von tante angela und onkel christian auch zu silvester nicht im briefkasten. ein paar wochen später beobachten sie den nachbarsjungen marko, der wie immer mit seiner roten mütze und den verschlammten gummistiefeln vom acker mit seiner schwester maria und der kleinen christiane kommt. als die drei von der strasse auf den brürgersteig wechselte brach sich jeder von ihnen eine rose ab.. und holten jedenfalls zeitung und pist aus ihrem briefkasten. sie gingen hinterher und stellten sie zur rede. sie waren es nicht. sie seien nur kinder und unschuldigt. was machen sie? interessante aufgabe.. viel spass beim lösen. bienchen im voraus!

      1. Zur Sache schreiben. Sonst kann man auch “Schei…” irgendwo anders drunter schreiben. Kommt mir irgendwie vom Satzbau und dieser gutmütigen Art bekannt vor. Viekleicht sehen wir uns demnächst mal. Würden mich freuen und Sie dürfen auch Fragen stellen.

  3. Da fällt mir doch sofort ein Zitat von Tomás de Torquemada ein.

    Es gibt keine unschuldigen Menschen.
    Gib mir sechs Strophen,
    geschrieben von dem ehrlichsten Menschen,
    so finde ich darin einen Grund ihn zu erhängen.

    ;)

    1. So was gibts auch in der Erziehung. “Gibt mir 10 Kinder und ich mache sonst was draus.’ Zitat nicht vollständig und verkürzt und sinngemäßwieder gegeben.

  4. Was sind das denn für Bewerbungen? Ich vermute, es geht um diese Pflichtpraktika, die während des Jurastudiums zu absolvieren sind, oder liege ich da falsch? Und nehmen Sie solche Bewerbungen dann auch an?

    Ich frage das mit konkretem Hintergedanken im Kopf. ;-)

      1. Gnadenlos ausbeuten? Und ich dachte, gute Strafverteidiger würden gutes Geld machen, und bräuchten sowas nicht. Aber danke für die Vorwarnung. Mal schauen, ob ich im nächsten Jahr darauf zurück komme.

        1. Gute Strafverteidiger und gute Anwälte (was auch immer “gut” sein mag.) machen nur bedingt “gutes” Geld, denn was man in der Justiz braucht um Menschen gut zu beraten oder gut zu verteidigen und deren Rechte zu schützen ist viiiel Zeit.
          Und schuldige Mandanten bringen einem auch gerne schlechtes Geld, dass aus kriminellen Handlungen stammt. Aber Geld kennt keine Moral.

          Als richtig guter Anwalt, der die Rechte seines Mandanten konsequent vertritt kann es auch sein, dass man Gefahr läuft psychologisch untersucht zu werden zwecks Berufsverbot zB.
          http://blog.justizfreund.de/?p=4533

          Was auch gelegentlich vorkommt und zwar auch bei Zuschauern oder Journalisten, dass diese Hausverbot im Gericht erhalten zB.
          http://blog.justizfreund.de/?p=5114

          Gutes Geld:
          Wer dealt, sündigt nicht. Die Praxis wird sich um die Karlsruher Entscheidung kaum scheren, Drohungen mit psychologischen Untersuchungen,16.03.2013
          http://blog.justizfreund.de/?p=3829

    1. Von einem Praktikum bei der Frau Braun kann ich nur abraten!
      Da gibt es nur Sojamilch im Kaffee, veganes Zeug und so. Gehen Sie zur kanzlei-hoenig.de, das sind Barista (mit Strafverteidigung im Nebenberuf)

      1. Jam, und Frau Braun hat nur ‘ne Dusche, die kanzlei-hoenig.de dagen besitzt sogar eine fahrbare Wanne in freundlichen Farben.

    2. Ich habe keine blauen Mappen mehr. Sind die denn heute noch notwendig und zeitgemäß? Reicht denn eine Email nicht aus. Ok, ich bin auch der Typ der Bücher, Zeitung oder wichtige Sachen ausdruckt aber Bewerbung? ….i..ti

  5. Ggü. Praktikanten folgt der Kurzvortrag über die Unschuldsvermutung und ihre Bedeutung für die Verteidigungspraxis: Bis zum drohenden Justizirrtum kenne ich nur Unschuldige. Manche mit Urteilserfahrung, auch in derselben Deliktsgruppe.

      1. Und auch die Objektivitätspflicht der Staatsanwaltschaft gibt es in der Praxis im Grunde nicht und das um so weniger, je weniger man anwaltlich vertreten ist:

        Wenn der Staatsanwalt kommt – Litigation-PR im Strafprozess, Objektive Staatsanwaltschaft ist der Wirklichkeit Hohn, 01/2015
        http://blog.justizfreund.de/?p=6657

        Maulkorb für den Staatsanwalt, Vollstrecker: Herbert Landau ein Karriere Jurist (Seit 01.05.2010 Verfassungsrichter), 2002
        http://blog.justizfreund.de/?p=6629

        Der ehemalige Richter am Oberlandesgericht Köln Dr. Egon Schneider berichtet in „Recht und Gesetz Die Welt der Juristen“ Goldmann-TB 1967, Seite 105:
        „Als ich Referendar war, fragte ich einmal einen Staatsanwalt, ob er denn auch bemüht sei, die Entlastungstatsachen (Anmerkung: § 160 Abs. 2 StPO) zu ergründen, also auch der Unschuld des Täters nachzuforschen. Er erwiderte: mir: ‚Das tun wir nur in ganz seltenen Fällen.‘ Sicherlich war diese Einstellung nicht gesetzestreu; aber sie kennzeichnet die Situation!“

        Selbst wenn die Staatsanwaltschaft weiss, dass man bereits unschuldig im Gefängnis sitzt, dann tut diese gerne nichts bzw. “man vollstreckt ein rechtsgültiges Urteil weiter” zB.
        https://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=AKl0kNXef-4

        http://blog.justizfreund.de/?page_id=74

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